
Issue Trees, zu Deutsch am ehesten als Logikbäume oder Themenbäume übersetzt, sind ein Standardwerkzeug von Unternehmensberatern und gut bezahlten Managern. Sie dienen dazu eine Fragestellung in ihre Bestandteile runterzubrechen und diese wiederum weiter runterzubrechen, bis sich ein vollständiges Bild ergibt.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung
Issue Trees komplett ohne Visualisierung zu beschreiben wird ziemlich abstrakt, daher habe ich mich dazu entschlossen ein Beispiel heranzuziehen. Der nachfolgende Issue Tree behandelt ein Problem und ist damit ein Problem Tree. Ein solcher bricht ein Problem in mögliche Ursachen herunter und wird am besten mit einer Warum-Frage beschrieben. Der nachfolgende Issue Tree ist übrigens meiner erster und sicherlich bei weitem nicht perfekt. Ich habe mich dazu entschieden auf ein fiktives Business Scenario zu verzichten und lieber ein Thema aus dem Privatleben aufgegriffen, dass vielen vertraut vorkommen dürfte. Die nachfolgenden Abschnitte werden sich auf dieses Beispiel beziehen.

Der Aufbau eines Issue Trees
Ein Issue Tree wird von links nach rechts in Schichten (Layers) gelesen. Diese Schichten gehen von der Fragestellung, der Wurzel des Baumes, aus. In einem Problem Tree wird die Fragestellung am besten als Warum-Frage und möglichst offen formuliert. Auf eine Warum-Frage lässt sich leicht antworten und eine offene Frage führt dazu, dass man sich nicht zu schnell auf bestimmte Ursachen festnagelt.
Im Vergleich zur Fragestellung im Beispiel ist „zu Hause ist es immer unordentlich“ nicht so gut, denn es handelt sich um eine Feststellung und keine Frage.
„wir räumen zu wenig auf“ ist eine noch weniger gute Bezeichnung, denn es handelt sich bereits um eine Annahme, dass dies die Ursache ist und „wir erzeugen zu viel Unordnung“ als Ursache wird damit bereits ausgeschlossen.
Ein Issue Tree kann beliebig viele Schichten haben. Nicht jede Verzweigung muss dabei die gleiche Tiefe erreichen. Ein Zweig hat seine optimale Tiefe erreicht, wenn sich die Ursache durch weiteres Runterbrechen nicht mehr sinnvoll konkretisieren lässt.
Die Wurzel des Problems
Die ersten Schicht haben einen großen Einfluss auf die Qualität des Baumes und sollten den Root Cause des Problems herausarbeiten. Ich habe im Beispiel die Entstehung und Beseitigung von Unordnung als Wurzel des Problems identifiziert: Unordnung entsteht, wenn sie schneller produziert wird, als dass sie beseitigt wird. Die Kernursache für das Problem Unordnung ist also entweder 1) Es wird zu schnell Unordnung erzeugt oder 2) Es wird nicht schnell genug Unordnung beseitigt.
Die Verzweigungen in einer Schicht sollten außerdem zur Ursachenfindung beitragen. Eine Verzweigung nach verschiedenen Zimmern ist in meinem Beispiel eher wenig sinnvoll, solange wir nicht annehmen, dass es aus unterschiedlichen Gründen in verschiedenen Zimmern unordentlich ist. Ohne diese Annahme würde eine solche Unterteilung nur dazu führen, dass Verzweigungen in nachfolgenden Schichten dupliziert werden („wir haben zu wenig Zeit die Küche aufzuräumen“, „wir haben zu wenig Zeit das Wohnzimmer aufzuräumen“…).
MECE
Ein guter Issue Tree baut seine Schichten nach dem MECE-Prinzip auf. Die Abkürzung steht für Mutually Exclusive, Collectively Exhaustive. Dies bedeutet konkret, Verzweigungen in der selben Schicht haben keine Überlappungen und es entstehen keine Lücken. Es gibt unterschiedliche Ansätze MECE zu realisieren:
- algebraisch
- prozessual
- kategorisch
- segmentierend
- gegensätzlich
Beim algebraischen Ansatz entstehen Verzweigungen nach algebraischen Formeln, wie der in der Marktwirtschaft gängigen Formel Gewinn = Umsatz – Kosten. Ein Layer zur Problemstellung „Warum sinken unsere Gewinne?“ kann algebraisch in „sinkende Umsätze“ und „steigende Kosten“ unterteilt werden.
Der prozessuale Ansatz beleuchtet eine Folge von Arbeitsschritten und lässt sich z.B. gut in einer Problemstellung einsetzen wie „Warum ist unsere Herstellungszeit gestiegen?“ oder „Warum produzieren wir so viel B-Ware?“. Ein Layer kann hierbei in die unterschiedlichen Schritte zur Herstellung eines Produktes verzweigen.
Der kategorische Ansatz ist vielleicht der schwierigste. Hierbei wird die Problemdomäne in Kategorien unterteilt, z.B. zu einer marktwirtschaftlichen Problemstellung im B2C-Bereich nach dem 3C’s model (Customer, Company, Competitors), d.h. welche Ursachen für ein Problem gibt es bei der Zielgruppe, beim eigenen Unternehmen oder im Wettbewerb? Ein weiteres Beispiel sind die 4 „Ps“ aus dem Marketing: Product, Price, Place und Promotion.
Der segmentierende Ansatz unterteilt nach Bereichen, die zu unterschiedlichen Anteilen oder aus unterschiedlichen Gründen zum Problem beitragen können. Bei einer marktwirtschaftlichen Problemstellung zum Umsatz kann z.B. zwischen B2B-, Online-B2C und stationärem B2C-Geschäft unterschieden werden.
Der letzte Ansatz in der Liste differenziert nach gegensätzlichen Begriffen, z.B. extern gegenüber intern, Angebot gegenüber Nachfrage, Einnahmen gegenüber Ausgaben oder aber auch zu wenig Zeit gegenüber genug Zeit.
Problem Tree vs Solution Tree
Issue Trees werden oft verwendet um Ursachen für Probleme zu finden. Sie können jedoch auch genutzt werden, um Lösungen für Probleme zu finden.
Ein Lösungsbaum (Solution Tree) geht von einer Wie-Frage aus und hat zum Ziel mögliche Lösungen zu einer Problemstellung zu finden. Während in einem Problembaum jeder Abschnitt als Weil-Aussage formuliert werden kann, lässt sich dieser in einem Lösungsbaum als Indem-Aussage ausdrücken.
Problembaum: Warum ist es zu Hause immer unordentlich? -> Weil wir zu viel Unordnung erzeugen. -> Weil wir Sachen nach Verwendung nicht an ihren Platz räumen.
Lösungsbaum: Wie reduzieren wir die Unordnung zu Hause? -> Indem wir weniger Unordnung erzeugen. -> Indem wir Sachen nach Verwendung an ihren Platz räumen.